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Das Kniegelenk ist das am differenziertesten aufgebaute Gelenk des menschlichen Körpers und auch das sensibelste Gelenk. Es ist das größte Schaniergelenk, das die beiden längsten Röhrenknochen, den Oberschenkelknochen (Femur) und das Schienbein (Tibia) miteinander verbindet. Es gleicht sensibel die Unterschiede zwischen Hüfte und Fußgelenk aus. Gleichzeitig wirken auf das Kniegelenk starke Kräfte ein.

Deutlich sichtbar ist der horizontale Kniegelenksspalt.
Bild von Dr. Manuel González Reyes auf Pixabay
Hüftgelenk mit plastischer runder Form

Wenn man Knie- und Hüftgelenk vergleicht, fällt auf, dass der Gelenkspalt des Kniegelenkes eine mehr flache Ausrichtung hat, während der Kopf und Pfanne des Hüftgelenkes sich in einer plastischen runden Form befinden. Auch steht das Kniegelenk viel freier im Raum, wie das ins Becken eingebundene Hüftgelenk.

Die Differenziertheit zeigt sich an den verschiedenen Teilen des Knies. Dazu gehören die Kreuzbänder, die Menisken und die Kniescheibe. Diese sind im anatomischen Teil aufgeführt.

Die Sensibilität zeigt sich daran, dass der Mensch im Bereich des Knies vom Nervensystem intensiv angeregt ist. Z. B. kann man den Sehnenreflex am Knie am Besten auslösen. Auch reagieren viele Menschen auf die Berührung am Knie sehr empfindlich. Oft können Sie eine Berührung am Knie oder an der Kniescheibe nicht ertragen. Beides geschieht deshalb, da im Knie eine enge Verbindung zum Nervensystem besteht.

Auch die Kreuzbänder sind innerviert, so dass heute vermehrt versucht wird bei Verletzungen die Kreuzbänder nicht zu ersetzen, sondern wenn möglich zu erhalten.

Die Hauptfunktionen des Knies sind beugen und strecken. Im Gehen wechselt das Knie beständig zwischen einem leichten Schwingen nach vorne und der Festigkeit und Stabilisierung im Stand. Der Körper schiebt von oben und der stehende Fuß hebelt von unten. Wie für alle Gelenke des menschlichen Körpers wäre eine natürliche und leichte aufrechte Haltung und eine wache wahrnehmende Bewegung die beste Grundlage für ein gesundes Gelenk. Hastige unkontrollierte Bewegungen führen häufig zu Kniegelenksverletzungen.

Die Einschränkungen oder muskuläre Schwäche im Kniegelenk werden meist sehr früh wahrgenommen. Wenn die Hüfte nicht mehr so beweglich ist, reicht die Restbeweglichkeit meist für das Alltägliche aus. Beim Kniegelenk macht sich das früh deutlicher bemerkbar, indem man z. B. nicht mehr in die Hocke gehen, oder nicht mehr aus der Hocke nach oben kommt. Ein großer Schritt über eine höhere Stufe kann evt. nicht mehr leicht bewältigt werden. Dies hängt vor allem mit der Kraft des Quadriceps Muskels und der anderen umgebenden Muskulatur zusammen.

Das rechte Knie zeigt nach oben. Da die Hüfte sich nicht ausreichend nach außen drehen kann. Es ist damit eine ziemliche Spannung auf dem Knie. Bild von Irina Logra auf Pixabay

Sehr häufig entstehen Schmerzen im Knie durch eine eingeschränkte Hüftbeweglichkeit. Dies erlebt dann der Mensch z. B. im Lotussitz oder Schneidersitz. Es gibt Scherkräfte ins Knie, wenn sich die Hüfte nicht ausreichend bewegen kann. Es ist dann eine ziemlich hohe Spannung auf dem Knie. Wäre auf dem Bild rechts, die Hüfte beweglicher, (sie ist für europäische Verhältnisse sehr beweglich) könnte der Oberschenkel flach auf dem Boden aufliegen und der rechte Fuß ohne Spannung auf dem linken Oberschenkel abgelegt werden.

Bild von Ralf Beck auf Pixabay

Bei dieser Steinfigur sieht man die gelösten freien Beine in der Lotusposition. Beide Fußsohlen wenden sich im klassischen Sinne nach oben.

In den Kursen haben viele Menschen Einschränkungen am Knie. Sie können teilweise nicht die Knie beugen, sich nicht hinknien oder sich auch nicht auf die Fersen setzen. Teilweise ist auch das Beugen über 90 Grad, wie z. B. bei der Übung der Halbmond (s. unten bei Yoga) eingeschränkt.

In der physiotherapeutischen Praxis fällt auf, dass viele jüngere Menschen häufig auch aufgrund von Verletzungen Probleme mit dem Knie haben. Aber auch schmerzhafte Entzündungen oder Knorpelschäden sind gar nicht so selten schon bei 30 -40jährigen Menschen zu finden. Ganz im Gegensatz zur Hüfte, die häufig erst ab dem 60. oder 70. Lebensjahr Beschwerden bereitet. Arthrosen sind dann im Alter häufiger zu finden.

Verletzungen entstehen häufig durch zu vitale Bewegungen. So wäre auch hier eine gewisse Natürlichkeit in der Bewegung angebracht, die weniger durch intensives Wollen sondern durch klare Zielvorstellungen, verbunden mit sensibler Wahrnehmung motiviert ist. Diese Haltung beim Üben wird in dem Neuen Yogawillen gestärkt.

Anatomie

Aufbau des Knies

Das Knie ist das größte Scharniergelenk des menschlichen Körpers und wird vom Ober- und vom Unterschenkel gebildet. Die Gelenkflächen sind jeweils zweigeteilt in einen inneren und äußeren Teil, sie heißen Kondylen. Die Gelenkflächen der Unterschenkelkondylen sind leicht konkav (hohl) gewölbt, die der Oberschenkelkondylen ausgesprochen rund und auch größer. Wir finden darin das Prinzip von Kopf und Pfanne, wenn auch lang nicht so ausgeprägt wie im Hüftgelenk.

Das zweigeteilte tragende Gelenkplateu des Schienbeines trägt in seiner Mitte einen erhöhten First (Eminetia intercondylares) der durch die Kreuzbänder noch mehr erhöht ist. Dieser verhindert ein seitliches Abrutschen der Oberschenkelkondylen, die durch eine Furche getrennt sind, die Fossa intercondylaris femuris.

Das Knie als Scharniergelenk kann sich vor allem beugen und strecken. In Beugung ist durch die Erschlaffung der Kreuz- und Seitenbänder eine Rotation möglich.

Rechtes Kniegelenk, der Außenmeniskus rechts ist kleiner aber breiter.

Die Menisken: Durch die starke Wölbung der oberen Gelenkflächen des Oberschenkels trägt das Gelenkplateu des Schienbeines zwei halbmondförmige Knorpelscheiben (Menisken), die die untere Gelenkfläche vergrößern. Beim Beugen wird die Artikulationsfläche geringer, die Menisken vergrößern diese. Der innere Meniskus ist mit der Innenseite der Gelenkkapsel verwachsen, während der äußere Meniskus beweglich ist und beim Beugen zurückrutscht und somit die Gelenkfläche weiter vergrößert.

Bei der Anatomierecherche war für mich neu und interessant aber sehr gut nachvollziehbar, dass es im Knie sozusagen ein Gelenk zwischen Oberschenkel und Meniskus gibt und ein Gelenk zwischen dem Unterschenkel (Schienbein) und dem Meniskus. Im oberen Bereich findet das Beugen und Strecken statt, im unteren Bereich das Gleiten nach vorne und hinten, sowie die Drehung (Kapandji).

Die Kniescheibe, knöchern

Die Kniescheibe: Nach vorne ist das Kniegelenk durch die knöcherne Kniescheibe (Patella), dem größten Seambein, geschützt. Sie bildet mit dem Oberschenkel ein Gelenk, das Femurpatellargelenk. Die Patella ist in die Sehne des Quadricepsmuskels, dem größten Muskel an der Vorderseite des Oberschenkels, eingefügt. Die Patella gibt einen Schutz für die Sehne und für das Kniegelenk. Sie bewegt sich beim Beugen und Strecken des Knies mit. Ist eine Arthrose dort, wird Beugen und Strecken schmerzhaft. Sie ist durch viele Schleimbeutel geschützt. Ihre Knorpelschicht zählt zu den dicksten (6-8mm) im menschlichen Körper. Auffallend ist ihre ausgeprägte Berührungsempfindsamkeit.

Die Bänder

Ober und Unterschenkel haben mit Hilfe der Menisken eine gewisse Vergrößerung der Artikulationsflächen. Die artikulierenden Gelenkflächen sind nicht konkruent. Deshalb bedarf es einer besonderen Bandsicherung. „Das Kniegelenk ist ein Gelenk mit Bandführung“. (Rohen)

Linkes Knie. Vorderes Kreuzband verläuft von vorne innen nach oben außen. Hinteres Krezband verläuft von hinten außen nach oben innen.
Das rechte Knie von vorne. Das vordere Kreuzband bleibt vor dem hinteren.

Die Kreuzbänder stabilisieren das Knie. Sie verlaufen in der Mitte des Kniegelenkes. Das vordere Kreuzband verhindert das nach vorne Gleiten des Unterschenkels und das hintere das nach hinten Gleiten des Unterschenkels. Bei einem Unfall wird dies getestet, Schubladen-test, um zu sehen ob und welches Kreuzband gerissen ist. In den Kreuzbändern ist auch eine nervale Innervation, die ermöglicht, dass die Bänder auch Spannungen erkennen und eine Reaktion bewirken können.

Die Kreubänder stabilisieren das Knie. Sie verhindern ein Vor- und Zurückrutschen, sowie ein Verdrehen vor allem nach Innen. Bei gestrecktem Knie sind sie angespannt bei gebeugtem Knie etwas entspannt. Die Kreuzbänder sind vom restlichen Gelenkinnenraum durch eine eigene umgebende Kapsel aus Synovialhaut getrennt.

Links ist sehr gut das Außenband zu sehen, das nicht mit dem Meniskus verwachsen ist im Gegensatz zum Innenband.

Die Außen- und Innenbänder sind kräftig, sie stabilisieren seitlich das Knie. Das Innenband strahlt in die Gelenkkapsel ein und verstärken diese. Das Innenband ist mit dem Innenmeniskus verwachsen. Es gibt es der Innenseite des Knies mehr Halt. Allerdings ist die Verletzungsgefahr des Innenminiskus damit deutlich häufiger.

Das Außenband ist nicht mit dem Meniskus verwachsen. Es zieht von der äußeren Oberschenkelkondyle zum Wadenbeinköpfchen.

Viele Band und Sehnenstrukturen verstärken die Gelenkkapsel, vorne mit senkrecht verlaufenden Fasern, hinten mit gekreuzten Faserverläufen.

Die Gelenkkapsel besteht aus einen äußeren fasrigen Teil in den einige Bänder einstrahlen und die Gelenkkapsel damit straffen. Die Gelenkinnenhaut, die Synovia produziert die Synovialflüssigkeit (Gelenksflüssigkeit), aus der die Menisken und der Gelenkknorperl versorgt werden.

Die Muskulatur, die das Knie bewegt, ist dominiert von einem kräftigen vierköpfigen Muskel, dem M. Quadriceps. Er ist für die Streckung und damit auch für die Festigkeit im aufrechten Stand verantwortlich. Weiterhin muss er für die Beugung nachgeben und das Zusammensinken mit der Schwerkraft verhindern. Er entspringt mit einem Muskelkopf am Becken, mit den anderen drei Köpfen im oberen Teil des Oberschenkels. Gemeinsam setzt der Muskel mit der Patellasehne in die die Patella eingelassen ist, vorne am Schienbein, an der Tuberositas Tibiae, an. Die rückwärtige Muskulatur, vor allem des Oberschenkels, beugt das Knie. Sie heißen in ihrer Gesamtheit Ischiocrurale Gruppe. Diese ist häufig verkürzt und macht sich vor allem beim Vorwärtbeugen mit gestrecktem Knie schmerzhaft bemerkbar. Auch die Wadenmuskulatur beugt das Knie.

Krankheitsbilder

Im Knie finden wir in jungen Jahren häufig Verletzungen. Dies sind vor allem Band- und Meniskusverletzungen. In späteren Jahren treten vermehrt Degenerationen auf. Verletzungen in jungen Jahren haben beim Knie häufig auch Degenerationen im Alter zur Folge. die Verletzungen resultieren meist aus einem übersteigerten Bewegungsverhalten.

Bei einem Kreuzbandabriss kommt es zu einer Instabilität im Knie, in dem Sinne, dass der Unterschenkel gegenüber dem Oberschenkel im Knie vor und zurückgeschoben werden kann. Man nennt es beim vorderen Kreuzbandriss vordere und beim hinteren, hintere Schublade. Durch einen Kreuzbandriss wird das Knie instabil beim Drehen. Klassisch ist der Unfallhergang, dass der Fuß am Boden stehen bleibt während sich der Körper zur Seite wegdreht, z. b. bei einem Sturz.

Nicht selten kommt eine angeborenen Fehlanlage oder mangelnde Ausbildung der Kniescheibe vor, so dass diese leichter luxiert. Dies ist schmerzhaft und führt zu vorsichtigem Verhalten der Betroffenen.

Das X-Bein und das O-Bein, sind Fehlstellungen, die eine Fehlbelastung des Kniegelenkes bewirken und damit eine Degeneration begünstigen können.

Die allgemeinen Risikofaktoren für Abnützung und Arthrose in den tragenden Gelenken, sind Übergewicht, mangelnde und einseitige Bewegung und ungesunde Ernährung.

Die Menisken nützen sich ab und degenerieren. Es gibt Rauhigkeiten, Erosionen und Einrisse. Da Knorpel ausgesprochen langsam in der Regenerationsfähigkeit ist, wird es trotz vielfacher Interventionen und Versuche ärztlicherseits und von Seiten der Physiotherapie meist nicht besser.

Sehr häufig kommt die sogenannte Retropatellararthrose vor, eine Arthrose auf der Rückseite der Patella, dem Femurpatelargelenk, dem Gelenk zwischen der Kniescheibe (Patella) und Oberschenkel (Femur).

Physiotherapie

In der Physiotherapie, wird bei Arthrose und Degenerationen in Knorpel, Knochen und Menisken das Knie entlastet durch Pendeln der Unterschenkel. Dies sogar mit einer Gewichtsmanschette am Bein. Die Einschränkungen der Beweglichkeit wird mit Manuellen Techniken versucht wiederherzustellen. Die Streckung ist wichtig, da sonst die Beine unterschiedlich lang sind. Um die vollständige Streckung zu erreichen, ist die Gleitfähigkeit der Patella und die Dehnfähigkeit der rückwärtigen Muskulatur besonders wichtig. Die Beugung bis 120° gehört zu einem natürlichen Bewegungsablauf beim Gehen und wird bei der Physiotherapie angestrebt. Dazu gehört als wichtiger Teil die Mobilisation der Kniescheibe.

Der wichtigste Muskel ist der Quadriceps, der auftrainiert wird. Ziemlich unfunktionell ist es, kommt aber immer wieder vor, dass man ein Gewicht an den Fuß oder Unterschenkel anlegt und dann den Unterschenkel hochhebt und das Knie streckt. Viel funktioneller ist es, das Bein im Liegen gegen einen Wiederstand an der Fußsohle zu strecken, oder auch die Beugung und Streckung des Knies im Stand.

Yoga

Im Yogakurs erlebe ich immer wieder, dass Teilnehmer Angst haben ihr Knie über 90° zu beugen. Diese Angst ist aber, wenn keine besonderen Beeinträchtigungen oder Schäden vorherrschen, unbegründet. Ein Knie sollte gerade in seinen Möglichkeiten gut genutzt werden, um diese zu erhalten. Knorpel, Menisken und Bänder die nicht in Druck, Zug und Entlastung ausreichend genutzt werden, bauen mit der Zeit ab, da sie zuwenig ernährt werden. Allein wenn wir die Treppe steigen beugen wir das Knie über 120°.

Viele degenerative Schäden kommen nicht durch zuviel, sondern durch zuwenig Belastung.

Eine aufmerksame ruhige und achtsame Übungsweise, die trotzdem sehr aktiv ist, kann eine intensive Durcharbeitung des Knies mit seinen Band und Knorpelanteilen gewährleisten ohne diese zu Überfordern oder zu schädigen. Gerade beim Knie ist es wichtig keine überhasteten aber auch keine ungenauen zu zaghaften Bewegungen auszuführen.

Die Entspannung und das Loslassen in der Schulter-Nackenregion ist für eine gesunde Kniebewegung außerordentlich wichtig. Dieses Loslassen kann nur bei einem leichten aufgerichteten Brustkorb gelingen. Dieses Leichtwerden im Schultergürtel und im Oberkörper verhilft zu einer aufmerksameren und achtsameren Haltung. Heinz Grill schreibt hierzu in seinem Buch „Der Freie Atem“ auf S.198 letzter Absatz:“ Zur Entlastung und Schonung der oftmals empfindsamen Kniegelenke sollte der Schultergürtel und der gesamte Oberkörper von Anfang an leicht und frei im Atemstrom gehalten werden. Obwohl das Körpergewicht sich nicht unbedingt auf physische Weise durch dieses Bewusstsein eines leichten Oberkörpers und freien Atemstromes verringert, so erscheint dennoch das Empfinden wesentlich und ermöglicht ein angenehmes Einsinken in die Ausgangslage.“

Gerade die obere Brustwirbelsäule unterhalb des siebten Halswirbels, kann durch eine Streckung das gesamte Verhältnis im Schultergürtelbereich verbessern, den Körper zu einem gewissen Teil entheben und bewirken, dass Bewegungen wacher, leichter und freier geschehen. Vor allem die Knie profitieren von dieser Haltung.